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um 1920

um 1920

Mein Weihnachten

Eine Folge der Industrialisierung war die Auflösung der Großfamilie. Die Arbeiter zogen an die Fabrikstandorte, junge Menschen in Arbeiterheime, Kleinfamilien in Mietwohnungen, die meist vom Arbeitgeber gestellt wurden, oder in um diese Zeit entstehende Arbeitersiedlungen. 

Auch hier sind Kirchgang und Geschenke für die Kinder zum Weihnachtsfest üblich. 

Da im Protestantismus Heiligenverehrung abgelehnt wurde, bekamen die Kinder die meisten der Geschenke an Weihnachten und nicht mehr am Nikolaustag. Schon Martin Luther hatte eine Alternative zum Heiligen Nikolaus als Gabenbringer vorgeschlagen, den „Heiligen Christ“, aus der sich im Laufe der Zeit das Christkind entwickelte. 

Weihnachtsgaben und die Dekoration von immergrünen Zweigen fielen in den Arbeiterhaushalten äußerst sparsam aus. Selbstgenähte Puppenkleider, gebasteltes Holzspielzeug und selbstgefertigte Kleidung fanden sich auf den Gabentischen neben wenigen Süßigkeiten.

Interessanterweise übernahm das Christkind auch in den katholischen Gegenden die Rolle des Geschenkeüberbringers. In protestantischen Landen wiederum setzte sich zunehmend der Weihnachtsmann durch, dessen Wurzeln beim heiligen Nikolaus zu suchen sind. 

Gaben & Geschenke

Wer feierte an diesem Tisch Weihnachten?

Kernfamilie: Textilarbeiter und Ehefrau, 4 Kinder
Konfession: evangelisch

Der hier gezeigte Tisch könnte der einer Textilarbeiterfamilie sein – beispielsweise im Textilindustriestandort Gronau.

In den 1920er Jahren, nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs und der Revolution 1918/19 veränderte sich insbesondere in den Städten der Region das Leben der Menschen. Ab November 1923, durch die Einführung der Rentenmark nach der Hyperinflation, kam es zu einem starken wirtschaftlichen Aufschwung, der auch einen deutlichen Anstieg der Bevölkerung mit sich zog:  Im Landkreis Ahaus (50.170 Einwohner 1905, 64.636 Einwohner 1925) und im Landkreis Borken (40.138 Einwohner 1905, 50.422 Einwohner 1925). Am stärksten stiegen die Einwohnerzahlen in den Textilindustriestädten Bocholt (23.912 Einwohner 1905, 30.268 Einwohner 1925) und Gronau (9.139 Einwohner 1905, 14.159 Einwohner 1925). Einen wichtigen Anteil hatte daran auch der Zuzug von Textilarbeitern aus den benachbarten Niederlanden und aus den abgetretenen deutschen Gebieten wie Elsass-Lothringen, dem Lodzer Raum und dem schlesischen Textilgebiet. Durch die Gründung von Textilfirmen durch niederländische Industrielle und den Zuzug niederländischer Textilarbeiter war Gronau im Gegensatz zum restlichen Münsterland überwiegend evangelisch geprägt. Daher ist es auch die fiktive Familie zu diesem Gabentisch.

Holzpferd zum Ziehen; Holz, bemalt; 1920-1950; Leihgabe: Heimatverein Vreden
Holzpferd zum Ziehen; Holz, bemalt; 1920-1950; Leihgabe: Heimatverein Vreden
Teddybär; Mohair, Holz, Glas, Filz, Baumwollgarn; 1. Hälfte 20. Jahrhundert
Teddybär; Mohair, Holz, Glas, Filz, Baumwollgarn; 1. Hälfte 20. Jahrhundert
Tischdecke; Leinen, 1900-1960
Tischdecke; Leinen, 1900-1960
Puppe; Masse, Glasaugen, Echthaar; 20er Jahre 20. Jh.
Strümpfe; Baumwolle, gestrickt, 1890-1950; Leihgabe: Heimatverein Vreden
Strümpfe; Baumwolle, gestrickt, 1890-1950; Leihgabe: Heimatverein Vreden
Holzwagen; Kiefernholz, gestrichen, Metall; 1. Hälfte 20. Jahrhundert
Holzwagen; Kiefernholz, gestrichen, Metall; 1. Hälfte 20. Jahrhundert
Ausstellung Objektschau