1943
Mein Weihnachten
Viele Familien teilten in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs und in der frühen Nachkriegszeit das Schicksal, in Notunterkünften oder auf ländlichen Anwesen einquartiert zu sein. Entweder waren sie frühzeitig evakuiert worden, um den alliierten Bombenangriffen zu entkommen, oder sie hatten ihre Wohnungen verloren. Kriegerwitwen mit minderjährigen Kindern versuchten sich mit Hilfsarbeiten durchzuschlagen und gingen „hamstern“, so sie noch Dinge zum Tauschen besaßen. Die Wohnsituation war oft schwierig: große Wohnungen wurden aufgeteilt und von mehreren Familien bewohnt, einzelne Bereiche mit Decken und Tüchern abgetrennt.
Die Weihnachtsmessen wurden in gegen Kriegsende vielfach in Notkirchen oder unter freiem Himmel gefeiert. Ersatzprodukte hielten Einzug in die Küchen: geriebene gekochte Kartoffeln mit Bittermandelaroma wurden zu „Marzipan“ und aus Graupen und Zucker entstand „Krokant“. Solche Süßigkeiten, deren Zutaten auf Bezugsscheine erhältlich waren, fanden sich auf den spärlichen Gabentischen zusammen mit Kleidung und Spielzeug aus gebrauchten Stoffen und Materialresten.
Gaben & Geschenke
Wer feierte an diesem Tisch Weihnachten?
Kernfamilie: Witwe mit 3 Kindern
Konfession: katholisch
Ab dem 1. September 1939 herrschte Krieg und die meisten Männer wurden – je nach Jahrgängen und „Tauglichkeitsstufe“ früher oder später, an die Front eingezogen. Millionen starben. So fehlt auch der Familie, die wir uns für diesen Tisch vorstellen können, der Vater.
Stufenweise wurde bei Kriegsbeginn die Zwangsrationierung eingeführt. Fett, Fleisch, Butter, Milch, Käse, Zucker und Marmelade waren ab dem 1. September 1939 nur noch gegen Lebensmittelkarten erhältlich; Brot und Eier folgten ab dem 25. September. Mitte Oktober 1939 wurde für die nicht Uniform tragende Bevölkerung die Rationierung von Textilien mittels einer ein Jahr gültigen "Reichskleiderkarte" eingeführt. Der Bezugsschein bestand aus 100 Punkten, die beim Kauf von Textilien abgerechnet wurden. Ein Paar Strümpfe "kostete" 4 Punkte, ein Pullover 25 Punkte, ein Damenkostüm 45 Punkte
Ab 1942 flogen die Alliierten verstärkt Luftangriffe gegen deutsche Städte, auch um die Moral der Menschen zu senken und so der diktatorischen Führungselite den Boden zu entziehen. Die verheerenden Niederlagen in Stalingrad Februar 1943 und des deutsch-italienischen Afrikafeldzugs hatten Weihnachten 1943 diese Stimmung noch verstärkt.
Unsere Kriegerwitwe ist evakuiert und wohnt mit ihren Kindern auf einem Hof in der Bauerschaft. Die Privatsphäre versucht man durch die Abtrennung von Räumen mittels Wolldecken und alten Tischtüchern zu erreichen. Die Weihnachtsgeschenke für die Kriegswaisen bestehen aus gestrickten Kleidungsstücken, die aus Wolle in Zweitverwendung hergestellt wurden. Alte Dinge hat man „aufgeribbelt“.
Trotz der Entbehrungen ist die Bevölkerung aufgerufen, durch diverse Sammlungen und Aktionen die Wirtschaft und die Frontsoldaten zu unterstützen, wie auch die Schachspiel-Feldpost auf dem Gabentisch zeigt.